Abteilung Hofmann
 

Im Herbst 2013 durfte die Sammlung Grafenberg einen sehr wichtigen Teil der Eisenbahngeschichte Österreichs in das Archiv aufnehmen: Die umfangreiche Sammlung des ehemaligen ÖBB-Architekten Paul Hofmann. Er wird so wie Wolfgang Valousek mithelfen, den Bestand auch spannend und historisch korrekt zu präsentieren. Noch einige Wochen lang wird das Konvolut thematisch vorsortiert und in Themenbereiche gegliedert werden, ehe mit der Digitalisierung und Verarbeitung der Inhalte begonnen werden kann. Einige wichtige Meilensteine in seiner Tätigkeit waren die Gründung der Projektgruppe Design bei den ÖBB 1972 und die Teilnahme der ÖBB an internationalen Designgruppen, die Einführung des Jaffa-Designs (Reisezugwagen in blutorange-elfenbein mit Auffrischung des Interieurs), die Mitarbeit beim Schnellbahntriebwagen 4020, die Farbveränderung am 4010, die Einführung des neuen Bildzeichens "Pflatsch" und auch die Vereinheitlichung des Schriftverkehrs (Kouverts, Stempel,...). Paul Hofmann begleitete auch den Weg zu einer Corporate Identity in der Bahnhofsarchitektur: Man entwickelte standardisierte Bauteile nach Einheitsgrößen für Haltestellen, Bahnhöfe und Bahnsteigdächer. Der wohl wichtigste Punkt war die Erstellung einer einheitlichen Layoutlinie für Piktogramme (Aufkleber an Fahrzeugen, Schilder an Bahnhöfen,...) (genormte Bildinhalte nach ÖNORM und ISO) mitsamt einer Normierung der Bahnhofsschilder (sowie des gesamten Wegeleitsystems bei den ÖBB). So entstand ein Raster für (je nach Informations-Textlänge) nur wenige unterschiedlich große Plexiglasschilder, die beliebig mit dem Schrifttyp Helvetica halbfett (getestet in der "Zerreißprobe" als am besten lesbarer Schrifttyp aus bewegten Fahrzeugen) bespielt werden konnten. In einer eigens eingerichteten Siebdruckwerkstätte stellten die ÖBB die Tafeln selbst her. Die blauen Schilder mit weißer Schrift und dem weißen Umrahmungsstreifen sowie den abgerundeten Ecken sind heute wohl allen bekannt. Unter Paul Hofmann nahmen die ÖBB auch an den Brunel Awards für gutes Eisenbahndesign teil und gewannen auch einige Preise (Kursbücher, geschützte Gebäuderenovierung an der S45,...). Im Zuge der Digitalisierung werden wir hier einige Kostproben des Schaffens von Paul Hofmann zur Schau stellen. Schon im Sommer 2014 wird es im Museum einiges über diesen wichtigen Architekten zu sehen geben!

 

Ein sehr aufmerksamer Mann, ein waches Auge, ein facettenreicher Architekt – das war Paul Hofmann, der am 25. Februar 2015 mit erfüllten 80 Jahren von uns gegangen ist.
1956 begann er bei den Bundesbahnen im Bereich Unterbau der Streckenleitung Hauptzollamt, wechselte dann zur Zentralstelle für Großbauvorhaben, studierte berufsbegleitend Architektur und gestaltete bis 1962 den modernen Bahnhof Landstraße der neuen Wiener S-Bahn maßgeblich mit.
Als das Unternehmensdesign der ÖBB in den 1970ern noch bei der Abteilung VI/6 Hochbau angesiedelt war, trat Paul Hofmann schon dafür ein, internationale Kontakte zu knüpfen und an Designkonferenzen als Vertreter der ÖBB teilzunehmen. So gelangen genormte Systeme für die Errichtung von Bahnsteigen, Bahnhofsinterieur und die Einführung des neuen Bildzeichens (die ÖBB-Schnecke), die Lackierung der Reisezugwagen im freundlichen Jaffa-Look und nicht zuletzt das bekannte Layout für die ersten Einheits-Bahnhofsschilder in Österreich in Blau mit abgerundeten Ecken und dem weißen Rahmen. Dazu führten Paul Hofmann und seine Kollegen umfangreiche Tests zur Erkennbarkeit der Schrifttypen und –größen durch, ehe dieses Schildersystem flächendeckend zum Einsatz kam. Passend dazu wurden Piktogramme in Abstimmung mit ÖNORM-Standards entworfen.
Auch am Fahrzeugsektor brachte Paul Hofmann seine Ideen ein: er war an den Anpassungen der Reihe 4030 (Lackierung, Interieur) beteiligt, mit Johann Benda (SGP) arbeitete er am 4010, am Schnellbahntriebwagen 4020, an den Inlandsreisezugwagen 20-75 und den RIC-Speisewagen.
Neben der Vereinheitlichung des ÖBB-Schriftverkehrs (Briefkopf, Stempel,…) und Studien zu neuen Uniformen in den 1980ern entwarf der Architekt auch moderne Fahrkarten für den Verkehrsverbund Ostregion und das Layout für zeitlos gestaltete Kursbücher. Neben der ständigen Teilnahme an der internationalen Watford-Konferenz engagierte sich Paul Hofmann auch für die Teilnahme an den Brunel Awards für gutes Eisenbahndesign, den er stellvertretend für die ÖBB unter anderem für die eben genannten Kursbücher und auch für die denkmalgeschützte Gebäuderenovierung an der S45 entgegennehmen durfte.
Es ist auch ihm zu verdanken, dass das Bewusstsein für Unternehmensdesign, die Corporate Identity, in einem langen Prozess schließlich 1987 direkt beim Vorstand der ÖBB angesiedelt werden konnte und somit wichtige Design-Entscheidungen direkt an höchster Stelle verhandelt werden durften.
Über meinen Kontakt zu Wolfgang Valousek durfte ich Paul Hofmann vor einiger Zeit kennenlernen und sein gesammeltes Werk im Museum der Sammlung Grafenberg übernehmen. Als Schnittstelle zwischen Johann Benda und Wolfgang Valousek stellt sein Erbe einen wichtigen Teil österreichischer Eisenbahngeschichte dar.
So bleibt mir ein schlichtes Danke für unsere netten Begegnungen und erfrischenden Gespräche, lieber Pauli! Ich wünsche deinen Liebsten alles Gute und schöne Gedanken an dich! In den nächsten Monaten wird die Ausstellung über deinen Verdienst für die Bahngeschichte in Österreich weiter vervollständigt und soll auch vielen Besucherinnen und Besuchern deutlich machen, wie wichtig dein Einfluss in diesem Bereich war und was wir heute noch daraus lernen dürfen!
Lebwohl!
Werner Prokop